Die in Dokumenten enthaltenen Informationen und das in Dokumenten gespeicherte Wissen können die Effizienz und Produktivität innerhalb von Unternehmen nachhaltig beeinflussen.
Als allgemeine und umfassende Infrastruktur stellt der Knowledge Provider (KPro) anwendungsneutrale und medienunabhängige Techniken für Dokumentenmanagement zur Verfügung. Der Knowledge Provider ist Bestandteil des SAP Web Application Server und kann von jeder SAP-Anwendung integriert werden.
Der Knowledge Provider unterscheidet folgende Informationsentitäten im Zusammenhang mit Dokumenten:
Content
Content-Index
Administrationsdaten
Modelldaten
Beispiel
Zu dem vorliegenden Kapitel existiert eine Textdatei, die den Content darstellt. Die Datei existiert zunächst unabhängig davon, ob weitere Informationen über dieses Kapitel vorhanden sind. Beispielhafte Administrationsdaten sind der Verantwortliche, das Erstellungsdatum und die Bezeichnung der übergreifenden Dokumentation. In den Modelldaten wird unter anderem definiert, welche Attribute zu den Dokumenten existieren. So ist es Teil der Modelldaten, dass ein Attribut "Autor" existiert. Der Content-Index ist in erster Linie eine sekundäre Repräsentation des Contents, der es erlaubt, eine inhaltsbezogene Suche durchzuführen (z. B. Volltextsuche). Diese Unterscheidung muss nicht in jedem Fall vollständig durchgeführt werden; so kann es von Vorteil sein, einen Teil der Administrationsdaten (z. B. Autor) zusätzlich im Content-Index oder im Content (selbstbeschreibende Dokumente) abzulegen.
Im KPro-Kontext ist der Dokumentbegriff weit gefasst: Texte, Bilder, Video- und Audioaufnahmen, aber auch Programme, Web-Seiten, Controls etc. werden als Dokumente verstanden. Damit wird der Dokumentbegriff über die klassische Bedeutung hinaus ausgeweitet und umfasst nicht nur die üblicherweise als Dokument bekannten Entitäten, sondern auch alle anderen in sich selbst abgeschlossenen dokumentartigen Objekte.
Es gibt vom Knowledge Provider aus keine feste Definition des Begriffs Dokument. Stattdessen erlaubt der Knowledge Provider seinen Client-Anwendungen, jeweils eigene, spezifische Definitionen ihrer Dokument-Modelle zu erstellen. Damit sind anwendungsspezifische Content-Modelle gewährleistet. Eine solche Definition umfasst insbesondere:
Klassen für Beziehungen
Klassen für logische Dokumente
Klassen für physische Dokumente
Content-Modelle dienen als Strukturierung und Architektur für das Bearbeiten von dokumentähnlichen Objekten innerhalb des applikationsspezifischen Kontexts. Dadurch kann jede Client-Anwendung ihre eigene anwendungsspezifische Beschreibung ihrer Metadaten nutzen, ohne auf den Informationsaustausch mit anderen Anwendungen verzichten zu müssen.
Beispiel
Anwendungsspezifisches Content-Modell für einen Zeitschriftenartikel:
In diesem Beispiel existieren jeweils eine Klasse für ein logisches Dokument und eine Klasse für ein physisches Dokument mit bestimmten Eigenschaften. Darüber hinaus existieren diverse Klassen für Beziehungen. Die Instanzen der Beziehungsklassen INHALTSVERSION, FORMATVERSION, SPRACHVERSION erlauben, beliebig viele verschiedene Versionen nach unterschiedlichen Kriterien zu verwalten (Inhalt wurde geändert, Übersetzung, Formatkonvertierung).
Der Knowledge Provider stellt sowohl Funktionen für Vereinfachungen als auch Automatisierungen in vielen Bereichen des Dokumentenmanagements zur Verfügung. Im Mittelpunkt steht hierbei die Aufsplittung des Dokumentenmanagements in zwei Ebenen: die Intension und die Extension.
Die Intension steht für die logischen Eigenschaften eines Dokuments: Was ist der Sinn und Zweck? Was ist die Absicht?
Die Extension steht für die konkrete Ausführung: Wie sieht die konkrete Repräsentation aus?
Intension und Extension werden im Knowledge Provider durch unterschiedliche Verwaltungsobjekte repräsentiert: logisches Dokument und physisches Dokument.
Beispiel
Dieses Kapitel der Dokumentation hat die Intension, die konzeptionellen Hintergründe des Knowledge Provider vorzustellen. Hierdurch ist zunächst keinerlei Annahme darüber getroffen, wie dies geschieht. Dieses Kapitel existiert sowohl auf Deutsch als auch in der englischen Übersetzung. Es liegt in elektronischer Form vor, z. B. in HTML-Help oder in Plain HTML, kann aber auch ausgedruckt werden. Die konkreten Repräsentationen liegen somit in unterschiedlichen Ausprägungen, d. h. Extensionen, vor.
Isolierte Dokumente sind wertlos. Jede Art dokumentartiger Objekte besitzt stets Beziehungen zu anderen Objekten. Diese Beziehungen können impliziter oder expliziter Natur sein. Im Knowledge Provider werden nicht nur die dokumentartigen Objekte selbst verwaltet, sondern auch die Beziehungen zwischen diesen Objekten. Der Knowledge Provider erlaubt außerdem die Definition von Beziehungsklassen, deren Instanzen Beziehungen zwischen Dokumenten explizit zum Ausdruck bringen.
Beziehungen und Referenzen zwischen Dokumenten sind dynamisch. Wenn innerhalb des Knowledge Provider ein Dokument verändert wird, führt dies nicht zu einer kostspieligen Kettenreaktion von manuellen Änderungen in anderen Dokumenten.
Beispiel
Werden Notizen zu Dokumenten abgelegt, kann dieser Zusammenhang zwischen der Notiz und dem Dokument durch eine Beziehung zum Ausdruck gebracht werden. Auf die gleiche Art und Weise können Beziehungen eingesetzt werden, um Hyperlinks in Dokumenten offen zu legen und so die Abhängigkeiten zwischen den über Hyperlinks verknüpften Dokumenten transparent zu machen.
Wird eine Vielzahl von Beziehungen zwischen unterschiedlichen Dokumenten geknüpft (z. B. Hyperlinks), sind die Dokumente in ihrem Lebenszyklus nicht mehr gegeneinander isoliert. Dieses Problem trifft auf alle Arten von Beziehungen sowohl zwischen unterschiedlichen Dokumenten als auch zwischen Dokumenten und Business-Objekten zu und ist nicht auf Hyperlink-Szenarien beschränkt. Knowledge Provider bietet hierfür eine Lösung durch die Referenzierung der logischen Dokumente (z. B. logischer Hyperlink) sowie einen Prozess der Kontextauflösung zur Laufzeit, das Late Binding. Somit wird erst zum Zeitpunkt der Abfrage (Laufzeit) durch die Einbeziehung von Kontextinformationen (Benutzerkontext oder Business Kontext) aus der Menge der physischen Dokumente, die zum vorgegebenen logischen Dokument gehören, die Version selektiert, die am besten zum vorgegebenen Kontext passt. Damit fungiert das Late Binding als Schnittstelle zwischen Intension und Extension. In den Auflösungsprozess können sowohl durch Knowledge Provider verwaltete als auch weiter gehende Informationen der Knowledge-Provider-Client-Anwendung einfließen. Werden Dokumente übersetzt, neue inhaltliche Überarbeitungen hinzugefügt oder erfolgt eine Konvertierung in andere Formate, so bleibt das Beziehungsgeflecht intakt. Zeit- und kostenintensive Nacharbeiten werden so vermieden.
Logischer Hyperlink: Kontextauflösung
Der Knowledge Provider bietet ein leistungsfähiges Versionierungskonzept. Dieses Versionierungskonzept unterstützt multiple Versionierung aufgrund verschiedener Kriterien. Es gibt Versionierung in Bezug auf Sprache, Format etc. Beispielsweise kann ein Dokument auf Deutsch, Englisch und Französisch vorliegen und das Format PDF oder HTML haben.
Der Knowledge Provider erlaubt den gleichen Zugang zu allen dokumentartigen Objekten über HTTP, unabhängig vom zugrunde liegenden Ablagemedium und unabhängig vom anwendungsspezifischen Design der Website. Durch Check-in- und Check-out-Mechanismen wird verhindert, dass Autoren gegensätzliche Änderungen am gleichen Objekt durchführen. Eine Vielzahl von Retrieval-Strategien wird über das Text Retrieval & Information Extraction unterstützt, u. a. die Integration von Suchmaschinen für die Volltextsuche.
Der Knowledge Provider stellt Dienste für die Dokumentenablage zur Verfügung. Dadurch kann SAP-basierte Dokumentenmanagementfunktionalität mit einem weiten Spektrum von Ablagemedien kombiniert werden.
Siehe auch Content Management Service.