Mit der Bestandsfindung können Sie auf der Grundlage vorgegebener Customizingeinstellungen Strategien für die Materialentnahme bei Warenausgängen und Umlagerungen einsetzen. Das SAP-System ermittelt vom erfaßten Materialbedarf ausgehend, in welcher Reihenfolge aus welchen Lagerorten und Beständen das gewünschte Material entnommen werden soll.
In vielen Fällen ist es zum Zeitpunkt der Bedarfsplanung noch nicht wichtig festzulegen, aus welchen Beständen und Entnahmeorten die spätere Materialentnahme erfolgen soll. Die automatische Bestandsfindung nimmt Ihnen diese Entscheidung ab. Somit vermeiden Sie eine verfrühte Festlegung dieser Parameter sowie eine unnötige Einengung Ihrer Geschäftsprozesse. Erst bei der Buchung der Materialbewegung werden die nötigen Werte vom System ermittelt.
Anhand Ihrer vorher festgelegten Bestandsfindungsstrategien entscheidet das System abhängig vom Material, dem Werk und dem betriebswirtschaftlichen Vorgang über die Materialentnahme.
Die Bestandsfindung können Sie für folgende Bestände einsetzen:
frei verwendbarer Bestand
Lieferantenkonsignationsbestand (K)
Pipelinematerial (P)
Kundenauftragsbestand (E)
Projektbestand (Q)
Beispiel
Szenario 1:
Die Rückmeldung (Backflush) bei einer Serienfertigung oder einem Fertigungsauftrag soll zunächst auf den eigenen Bestand und danach auf Konsignationsbestand vom Lieferanten zugreifen. Dabei soll der Bestand des günstigsten Lieferanten zuerst verwendet werden.
Szenario 2:
Es gibt für alle Formen der Materialentnahme einen Vorzugslieferanten, aus dessen Bestand vorrangig entnommen werden soll. Gibt es mehrere Lieferanten, so können Sie die Kriterien Preis und Menge auch bei getrennter Bewertung nutzen.
Szenario 3:
Bei einer Materialbereitstellung für die Fertigung soll eine bestimmte eigengefertigte Komponente zunächst immer aus einem zentralen Pufferlager entnommen werden. Wenn dieses Lager leer ist, soll direkt auf das Produktionslager für die Komponente zurückgegriffen werden können.
Szenario 4:
Kann der Bedarf aus den vorhandenen Beständen nicht gedeckt werden, so soll die Restmenge aus der Pipelineversorgung entnommen werden.
Die Funktionalität der Bestandsfindung können Sie in mehreren Anwendungskomponenten des SAP-Systems nutzen und ist daher von hoher integrativer Bedeutung. In folgenden Anwendungskomponenten können Sie die Bestandsfindung einsetzen:
MM – IM (Bestandsführung)
LE – WM (Lagerverwaltung)
PP – SFC (Fertigungsaufträge)
PP – REM (Serienfertigung)
PP – KAB (Kanban)
LO – BM (Chargenverwaltung)
SD (Vertrieb)
In welcher Weise die Bestandsfindung mit den Einstellungen der Lagerverwaltung und der Chargenfindung zusammenspielt, können Sie im Customizing festlegen.
Um mit der Bestandsfindung arbeiten zu können, müssen Sie folgendes einstellen:
Sie legen im Customizing der Bestandsführung eine anwendungsübergreifende Strategie für die Bestandsfindung fest, nach der die Bestände abgebaut werden sollen. Jede Strategie wird eindeutig auf Werksebene anhand einer Bestandsfindungsgruppe und einer Bestandsfindungsregel bestimmt.
Sie ordnen dem betroffenen Material im Materialstammsatz eine Bestandsfindungsgruppe zu.
Im Customizing der aufrufenden Anwendung ordnen Sie dem betriebswirtschaftlichen Vorgang eine Bestandsfindungsregel zu.
Sie können die Bestandsfindung auf zwei Arten vom System durchführen lassen:
automatisch im Hintergrund
Bei diesem Verfahren haben Sie keine Eingriffsmöglichkeit in den Bestandsfindungsprozeß, und die Verarbeitung findet ausschließlich im Hintergrund statt. Die Wahl, aus welchem Bestand entnommen und gebucht wird, bleibt vollständig dem SAP-System überlassen.
über eine Dialogverarbeitung während des Bestandsfindungsprozesses
Wenn dies im Customizing eingestellt ist, können Sie sich das Ergebnis der Bestandsfindung vom SAP-System in einem Dialogfenster anzeigen lassen und das Ergebnis manuell ändern.
Achtung
Falls die Bestandsfindung nicht aus dem gewünschten Bestand entnommen hat, können Sie diese Buchung nur durch eine Stornobuchung in der aufrufenden Anwendung rückgängig machen.
Grundsätzlich sollten Sie jede Strategie gründlich ausarbeiten, in den Anwendungskomponenten sorgfältig konfigurieren und ausgedehnt testen, bevor Sie damit produktiv werden.